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Die bezahlten Schüler – Wie Frankreich das Schwänzen verhindern will

Die bezahlten Schüler – Wie Frankreich das Schwänzen verhindern will

 

Besondere Umstände verlangen besondere Maßnahmen, möchte man meinen. Nun gehen einige Berufsschulen in Frankreich neue Wege und versuchen es anstelle von Bestrafung mit einem Belohnungssystem. Geld statt gammeln, heißt die Devise.

Eine Berufsschule in Marseille und drei Berufsschulen im Pariser Umland machen quasi den Weg frei: Anstatt zu Schwänzen, sollen die Schüler in die Schulen kommen, lernen und ihren Abschluss machen. Soweit so gut. Doch da teilweise jeder vierte Schüler dem Unterricht regelmäßig fern bleibt und scheinbar besseres zu tun hat, als Vokabeln zu pauken oder Tests zu schreiben, sind nun offensichtlich alle Mittel recht, um die „Abtrünnigen“ von der Straße auf die Schulbank zu bekommen. In den Pariser Vororten gab es sogar spezielle Eingreiftruppen, um die Schulschwänzer zur Raison zu bringen. Erfolglos. Das Prinzip „Bestrafung“ führte also nicht zum Ziel und die Schüler blieben weiterhin, wo sie waren: fern der Schule.

Nun haben sich einige Schulen ein neues Prinzip überlegt, um den Schulbesuch attraktiv(er) zu machen: „Belohnung“ ist das Stichwort. Eine Marseiller Schule verspricht seinen geläuterten Schülern Fußballtickets für Olympique de Marseille und in Paris baut man auf ein ganzes Belohnungssystem: Diejenige Klasse mit der insgesamt niedrigsten Fehlquote erhält maximal 10.000 Euro für ihre Klassenkasse. Allerdings ist das Ziel nur zusammen und als Klassengemeinschaft zu erreichen. Ebenso darf das Geld nur für gemeinsame Unternehmungen wie Klassenfahrten benutzt werden oder es muss so verteilt werden, dass alle davon beispielsweise ihren Führerschein machen können.

In der Experimentellen Wirtschaftsforschung verspricht das Belohnungsprinzip sogar Erfolg: Dadurch, dass das Ziel nur zusammen erreicht werden kann, wird Schwänzen in der Gemeinschaft bald uncool und belastet die ganze Klasse, wodurch die Belohnung (und damit das Geld) in weite Ferne rückt. Allerdings hat das Belohnen von einem Verhalten, welches eigentlich durch den inneren Drang und Wunsch, etwas zu lernen, begründet sein sollte, auch Schattenseiten. Die Sozialpsychologie spricht hier von einer „Verdrängung intrinsischer Motivation“. Der Anreiz kommt dann nicht mehr von innen, sondern wird von außen durch die Belohnung gesteuert. Fällt folglich die Belohnung wieder weg, wird auch der Sinn und Zweck des Schulbesuches fraglich. Schließlich würde vielleicht nicht mehr jeder vierte sondern schon jeder dritte Schüler im nächsten Schuljahr schwänzen.

Auch die Eltern sehen in dem Belohnungssystem Probleme und äußern ihre Kritik: Man könne ein Problem wie Schulschwänzen nicht mir Geld lösen, Geld sollte nicht der Anreiz sein, dass Schüler zur  Schule gingen, heißt es. Es wird sogar von einer Verschiebung der Werte in Frankreich gesprochen.

Wie auch immer, sollte lieber in Frankreich wie auch in Deutschland überlegt werden, was die Ursachen des Schwänzens sind, dann diese Probleme gelöst, anstatt alles beim Alten zu lassen und die Schüler mit attraktiven Prämien zu locken.


27.10.09

Schule des Monats

Ort: Hamburg

Bundesland: Hamburg

Schulart: Gymnasium

Besonderheiten: Ganztagsschule mit handlungsorientiertem und fächerübergreifendem Unterricht, EU-Projekte und Berufsorientierung